Revista europea de historia de las ideas políticas y de las instituciones públicas


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Depósito Legal: MA 2135-2014

Presidente del C.R.: Antonio Ortega Carrillo de Albornoz
Director: Manuel J. Peláez
Editor: Juan Carlos Martínez Coll


“ALS DER RITTER DES MITTELALTERS DEM ANDERN DEN FEHDEBRIEF SCHICKTE”: RUDOLF VON JHERING UND DER “KAMPF UM'S RECHT” IM MITTELALTER

THOMAS GERGEN*

Übersicht: Der vorliegende Beitrag bietet einige Gedanken, die ausgehen von Rudolf von Jherings Schriften und Bezügen zum Mittelalter, vor allem aus seinem Werk „Kampf um's Recht“. Dabei widmet er sich insbesondere den Ritterfehden und dem Friedensbegriff im Mittelalter, der die römische Pax romana in der Gottes- und Landfriedensbewegung weiterführte.

Schlüsselwörter: Jhering; Mittelalter; Ritterfehde; Friede; Pax romana; Gottesfriede (Pax Dei); Landfriede (Treuga Dei).

Résumé: L'article a pour but de résumer quelques réflexions partant des écritures rédigées par Rudolf von Jhering où il se réfère au Moyen Age, à savoir son œuvre “Lutte pour le droit”. Nous choisirons particulièrement le sujet de la Paix et Trêve de Dieu au Moyen âge, en tant que prolongation de la pax romana.

Mots Clés: Jhering, Moyen Age, Guerres, Paix, Pax romana, Paix de Dieu (Pax Dei), Trêve de Dieu (Treuga Dei).

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Thomas Gergen (2018): «“ALS DER RITTER DES MITTELALTERS DEM ANDERN DEN FEHDEBRIEF SCHICKTE”: RUDOLF VON JHERING UND DER “KAMPF UM'S RECHT” IM MITTELALTER», en Revista europea de historia de las ideas políticas y de las instituciones públicas, n. 12 (agosto-septiembre de 2018).


1. Themenwahl für diesen Gedächtnisband

Es ist immer herausfordernd, von unserem Kollegen und Freund Manuel Peláez eine „convocatoria“ für einen neuen wissenschaftlichen Band in der Post zu haben. Beim Thema Rudolf von Jhering (1818-1892; mitunter auch Rudolph von Ihering geschrieben) musste ich erst einmal ein paar Tage nachdenken, da ich bislang nie konkret zu Jhering geforscht habe. Dem deutschen Rechtswissenschaftler seit den ersten Privatrechtsvorlesungen bekannt ist von Jhering durch seine Lehre von der vorvertraglichen Haftung, die seit der großen Schuldrechtsreform 2002 im Bürgerlichen Gesetzbuch figuriert; culpa in contrahendo und culpa post contrahendum als nachvertraglicher Haftungsanspruch lernen die Studierenden heute noch1. Dieses Thema wie auch die Kodifikationsgeschichte des 19. Jahrhunderts2 wollte ich nicht vertiefen. Statt dessen lag mir eine Verquickung der Rechtsgeschichte des Mittelalters mit Jhering nahezuliegen, die ich in dieser Form noch nicht vorfand. Grund genug, einige Beispiele von Bezügen Jherings zum Mittelalter herauszuarbeiten. So schreibt er in “Das Tringeld”3:


So ist denn das Trinkgeld in den Gasthöfen für Jeden, der sich nicht Unannehmlichkeiten aussetzen will, eine unabweisbare Abgabe geworden, ganz ebenso wie im Mittelalter für Kaufleute, die nicht ausgeplündert sein wollten, das Wegegeld an Raubritter und Wegelagerer oder wie so manche Steuern, die ursprünglich als freie Gaben entrichtet wurden, – eine Wirthshaussteuer.


Schon beim Trinkgeld erhellt bereits eine Konfliktsituation. Und um den Frieden zu wahren und keinen Schaden zu nehmen, muss der Überfallene den Wegelagerern eine Geldsumme entrichten. Damit war der “Wegfriede”, das freie Geleit über die Straßen, wieder hergestellt. Ein solcher Konflikt wird darüber hinaus in Jherings “Der Kampf um's Recht” greifbar, wenn er von der Ritterfehde spricht:4


Als noch das Schwert den Streit um Mein und Dein entschied, als der Ritter des Mittelalters dem andern den Fehdebrief schickte, mochte auch der Unbeteiligte zu der Ahnung gedrängt werden, daß es sich bei diesem Kampf nicht bloß um den Wert der Sache handelt, um die Abwehr eines pekuniären Verlustes, sondern daß in der Sache die Person sich selber, ihr Recht und ihre Ehre behauptet.


Dass die Fehde nicht mehr länger im privaten Vollzug ausgetragen werden sollte, dafür steht die Gottes- und Landfriedensbewegung, die das Mittelalter seit dem 10. Jahrhundert bis zum Ewigen Landfrieden durchzieht, den Kaiser Maximilian 1495 für das gesamte heilige Römische Reich Deutscher Nation verkündete. In §§ 1 errichtet er Friedensgebot und Fehdeverbot:


§ 1. Also das von Zeit diser Verkündung niemand, von was Wirden, Stats oder Wesens der sey, den andern bevechden, bekriegen, berauben, vahen, überziehen, belegern, auch dartzu durch sich selbs oder yemand anders von seinen wegen nicht dienen, noch auch ainich Schloß, Stet, Märckt, Bevestigung, Dörffer, Höff oder Weyler absteigen oder on des andern Willen mit gewaltiger Tat frevenlich einnemen oder gevarlich mit Brand oder in ander Weg dermassen beschedigen sol, auch niemands solichen Tätern Rat, Hilf oder in kam ander Weis kam Beystand oder Fürschub thun, auch sy wissentlich oder gevarlich nit herbergen, behawsen, essen oder drencken, enthalten oder gedulden, sonder wer zu dem andern zu sprechen ver­maint, der sol sölichs suchen und tun an den Enden und Gerichten, da die Sachen hievor oder yetzo in der Ordnung des Camergerichts zu Außtrag vertädingt sein oder künftigklich werden oder ordenlich hin gehörn.

§ 2. Und darauf haben Wir all offen Vechd und Verwarung durch das gantz Reich aufgehabt und abgethan, heben auch die hiemit auff und thun die ab von Römischer Koniglicher Macht Volkommenhait in und mit Grafft dis Briefs.


Friedensbrecher werden bestraft, Verdächtige verfolgt (§§ 3, 4). Ein Hausungsverbot für Friedensbrecher wird zudem ausgesprochen (§ 5). Es ist indes bekannt, dass der Ewige Landfriede nicht der erste Text seiner Art im Kampf gegen die Eindämmung der Fehde war.


2. Rechtliche Aspekte der Gottes- und Landfrieden.


Die Gottes- und Landfrieden, die in langer Kette vom ausgehenden 11. Jahrhundert bis zum Ende des Mittelalters die Geschichte des römisch-deutschen Reiches und seiner Territorien durchziehen, zielten wie ihre Vorbilder in Südwesteuropa (Ursprung Aquitanien/Frankreich) darauf ab, den Frieden dadurch zu gewähren, dass sie den eigenmächtigen Rechtsaustrag, insbesondere die mittelalterliche Fehde, eindämmten und eingrenzten.5

Einmal geschah dies durch Verbote und Gebote, die Friedenszeiten oder Friedensinseln schaffen, oder auch per Einzelakte, die Gewalthandlungen untersagen. Ferner erfolgte die Eindämmung der Fehde, indem die Friedensregeln durch die Androhung von Sanktionen unterschiedlichster Art, aber auch durch besondere Institutionen und Verfahrensinstrumente gegen Verletzungen abgesichert werden. Zu beobachten ist überdies, dass die ursprünglich vorherrschenden kirchlichen Sanktionen zunehmend durch peinliche Strafen (Leibes- und Lebensstrafen) ergänzt oder gar ersetzt wurden. Gerade in diesem Punkt ist Jherings Bild von der Fehde zu nuancieren.

Anders ausgedrückt: Kirchliche Sanktionsinstrumente wie Bann, Exkommunikation und Kirchenbuße wurden immer mehr durch weltliche Sanktionsformen, wie Acht und Landesverweis, Leibes- und Lebensstrafen ergänzt und später ersetzt. Frieden zu schaffen bedeutete letztlich nicht mehr nur Streitbeilegung bereits bestehender Streitigkeiten um verletztes Recht, sei es im gerichtlichen bzw. außergerichtlichen Verfahren, denn das neue Regelwerk wollte künftigen, durch Eigenmacht geprägten Streit verhindern. Das herkömmliche Friedensstiften musste ergänzt werden um neue Wege der Verhinderung von unfriedlicher Gewalt. Die neue, in die Zukunft wirkende gestalterische Friedensidee verlangte durch Autorität abgestützte rechtliche Regeln: ein neues Verständnis von Herrschaft, Recht und Gericht.

Die Sichtung von Urkundenbüchern und Regestenwerken, von erzählenden Quellen und literarischen Erzeugnissen konnte die These erschüttern, wonach die Quellenlage es nicht erlaube festzustellen, ob und in welcher Art und Weise die Friedenstexte Wirkung in der Rechtspraxis entfaltet hatten. Zwar ist die Wirkung im konkreten Einzelfall selten zu belegen, doch ging von den immer wieder aufgerichteten Friedensinstrumenten eine Wirkung aus, denn die Friedenstexte enthielten Friedensappelle, die auf die Verhinderung von Fehde abzielten. Diese neuen, freilich in zeitlicher, räumlicher wie sachlicher Hinsicht begrenzten Regelwerke gründeten in der Idee, dass Friede planbar und machbar sei. Die neuen Regeln und Richtschnüre konnten die Tätigkeit von Gerichten und Richtern nur im Zuge einer längeren Einflussnahme verändern. Die weitgehende Akzeptanz der peinlichen Strafe im 13. Jahrhundert, die Herausbildung der Hoch- und Blutgerichtsbarkeit, das Aufkommen neuer Beweisverfahren und Verfahrensgrundsätze sind bemerkenswerte Teilbereiche dieser oft beschriebenen Entwicklung. Die hochmittelalterlichen Gottes- und Landfrieden waren mithin Wegbereiter der öffentlichen Strafe; sie beförderten zugleich die „Kriminalisierung des Strafrechts“.

Diese These kann auch durch die Untersuchung der Anfänge der Friedensbewegung gestützt werden, die im westlichen Europa, d.h. in Frankreich und Spanien sowie insbesondere in Katalonien lag. Hier sind hervorzuheben der kirchliche Ursprung der Gottesfrieden und die von den Erzbischöfen und Bischöfen geforderte und geförderte Verbreitung der Grundregeln zum Schutz der Kirchen, ihrer Leute und Güter, sowie die Ausbreitung und Anreicherung dieser Gebote um weitere Friedensräume und Friedenszeiten einschließlich ihrer Zusammenhänge mit den Vorschriften karolingischer Kapitularien und zeitgenössischer Beschlüsse von Konzilien und Synoden. All dies legt nicht zuletzt den Gedanken einer großräumigen Rechtsangleichung nahe. Wenn die Autoren der Frieden vor allem auf die Kapitularien rekurrieren, dann wird nicht nur der konservative Charakter des Anliegens deutlich, sondern obendrein eine ordnungs- und polizeirechtliche Tendenz, denn die Kapitularien griffen nach ihrem Selbstverständnis nicht oder nur sehr vorsichtig in den Bereich eigentlichen Rechts ein. Sie waren Verwaltungsordnung, Gebotsrecht im Bereich unmittelbarer Zuständigkeit des Herrschers oder der ihm verbundenen Kirche, Vorläufer der frühneuzeitlichen „guten Polizey“.

Die Regionalgeschichte Aquitaniens lehrt ebenfalls, dass die Grafen von Poitiers bzw. Herzöge von Aquitanien, in Sonderheit Wilhelm der Große, einer karolingischen Herrschaftstradition folgten. Sie strebten mit ihrer Politik eine enge Zusammenarbeit mit der Kirche an, was sich insbesondere in der Suche nach Frieden, Gerechtigkeit und Einheit im vorgregorianischen Reformzeitalter manifestiert. Daneben gilt, dass es sich bei der Friedensbewegung um eine Intensivierung früherer, vor allen Dingen karolingischer Normmodelle handelte, welche die aquitanischen Fürsten offenbar zurückwünschten. Die Gegenwart Wilhelms des Großen beim Friedenskonzil von Poitiers (1000-1014) beweist den Schulterschluss von geistlicher und weltlicher Gewalt. Das große Engagement für den Frieden ist zudem durch zahlreiche Äußerungen der geistlichen Elite des Mittelalters belegt. Gelehrte wie Hinkmar von Reims und Odilo von Cluny, aber auch Adémar von Chabannes und insbesondere Yvo von Chartres setzten sich damit in Gebet und Geschichtsschreibung auseinander und ergriffen uneingeschränkt Partei für den Frieden.

Die Betrachtung der französischen und katalanischen Frieden für den Zeitraum von drei Jahrhunderten (11.-13. Jh.) bestätigt im Übrigen die grundlegende rechtliche Bedeutung der Friedensbewegung von den frühen Gottesfrieden bis hin zu den Landfrieden und dem Gewohnheitsrecht.


3. Faktischer Rechtsaustrag der Fehde

Wurden für Deutschland bereits prominente Fälle für die praktische Bedeutung einzelner Friedenstexte geliefert, kann dies für Frankreich ebenfalls an praktischen Beispielen festgemacht werden. Die Ermordung des Bischofs Godrich von Laon sowie der Überfall auf Bischof Lambert von Arras sind geeignete Beispiele, die zeigen, dass Landfriedensbestimmungen in der rechtlichen Praxis der damaligen Zeit herangezogen werden konnten. Lamberts Korrespondenz ist von Begriffen der Friedensbewegung geradezu durchsetzt, etwa in den Friedensstatuten, in denen die Atrien um die Kirchen durch die pax dei geschützt wurden. In seinen Briefen wirkte Lambert gleichermaßen für die Verurteilung beraubter Pilger aus seiner Diözese ein und wendete dabei die statuta pacis an. Diese Friedensregeln waren 1091, also kurz davor, auf dem Konzil von Soissons proklamiert worden.

Der Herstellung solcher Akzeptanz dienen die häufigen und ständig wiederholten Fehdeverbote und Friedensaufrichtungen der deutschen Könige, aber auch Eid und Gelöbnis. Betont werden muss ferner, dass die Fehde nicht ganz abgeschafft werden sollte, was von einem Tag auf den anderen auch nicht möglich war; man konnte die Friedensgebote lediglich auf bestimmte Zeiten und Orte beschränken. Diese Rolle übernahm ab den 40er Jahren des 11. Jahrhunderts die treuga Dei, die sich in Mitteleuropa schnell ausbreitete. Ferner sollte die bestehende Ordnung in drei Stände (milites, clerici sowie laboratores) nicht umgestoßen werden, so dass die verkündeten Normen, die die Friedenswahrung anstrebten, zugleich dem Erhalt der damaligen Ständeordnung dienten; jeder einzelne Stand sollte seine Aufgaben ungestört erfüllen können. Während einige von „feudaler Revolution“ sprechen, nimmt Hans-Werner Goetz zurecht eine „Umordnung“ statt eine „Unordnung“ der damaligen Gesellschaft an6. Auf diese Ordnung pochten verschiedene Zeitgenossen, darunter Adalbert von Laon und Gerhard von Cambrai, worauf Georges Duby zu Recht seine These von der Sicherung der Stabilität in der maison de Dieu gestützt hat, die es zu stabilisieren galt.

Im Liber rubeus von Dax (Livre rouge de la cathédrale de Dax) stößt man auf einen Friedenstext, der lange Zeit weder ediert noch kommentiert war, höchstwahrscheinlich vom Beginn des 12. Jahrhunderts stammt und typische Friedensbestimmungen regelt, die vom klassischen Kirchenschutz und der Protektion von pauperes und ihren Gütern obendrein noch Marktleute und Müller einbeziehen. Interessanterweise spricht der Text von einer Kommunalmiliz (communias), die dann von den Erzbischöfen, Bischöfen und Baronen zusammengerufen wird, wenn die Friedebrecher sich weigern, den Schaden wieder gut zu machen. In diesem Fall sieht der Text vor, dass die communias ohne Zögern gegen die Schuldigen vorgehen soll7.

Auch im Ritterepos El Cantar de Mio Cid gibt es Anzeichen für die Kenntnis und die Einbeziehung der Friedensgebote in die damalige Rechtspraxis. Von der gesamten spanischen mittelalterlichen Heldenepik ist der Cid in fast vollständiger Form überliefert. Trotz der einzelnen Datierungsprobleme kann man sagen, dass der Cid in rudimentärer Form über längere Zeit mündlich tradiert wurde, ehe ihn ein begabter und in Rechtsfragen versierter Autor um 1200 in seine strukturierte Form brachte und niederschrieb; sehr wahrscheinlich ist dies der im Schlussvers genannte Per Abad gewesen, der in den Rechtsfragen der Zeit gut unterrichtet war. Der Cid stand in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts im Dienst von König Alfons VI. von Kastilien, der die 1094 vom Cid eroberte Stadt Valencia gegen die Almoraviden nicht halten konnte und sie 1102 völlig niederbrennen ließ. Der Cid kämpfte im Maurengebiet, raubte Ortschaften aus und zwang diese zu Tributzahlungen. Er scheute sich auch nicht, in das Territorium des christlichen Grafen von Barcelona einzudringen und diesen sogar gefangen zu setzen. Gerade in dieser Invasion des Cid auf das Gebiet des Grafen von Barcelona ausgangs des 11. Jahrhunderts kann ein Landfriedensbruch gesehen werden8 : „Die Kunde von ihm ging nach allen Himmelsrichtungen. Die Nachricht gelangte auch zum Grafen von Barcelona, dass mein Cid Ruy Diaz sein ganzes Land durchzog. Das verdross ihn gar sehr, und er fasste es als schwere Beleidigung auf.“9 Da der Cid Straßen und Wege in der Grafschaft Barcelona verunsicherte, war der usatge 62 berührt, denn diese Regel, die zur „Gran Constitució“ des Grafen Ramón Berenguer I. von Barcelona (um 1060) zählt, schützte die Sicherheit von Straßen und öffentlichen Wegen10. Aus der gleichen Epoche wie der Cid und ebenso aus dem Genre des altspanischen Ritterepos stammt der Cantar de los siete Infantes de Lara, der die Auseinandersetzungen und die Fehde zweier kastilischer Familien enthält11, in deren Verlauf die sieben Infanten getötet und die abgeschlagenen Köpfe ihrem Vater nach Cordoba gebracht wurden. Dort hielt sich als Flüchtling und Gast des arabischen Herrschers al-Mansur der Vater der Infanten auf, dessen Sohn, den er mit einer Muslimin gezeugt hatte, dieses unmenschliche Verbrechen rächen sollte.

Für die iberische Rechtsgeschichte sind hinsichtlich der Entstehung des öffentlichen Strafens schließlich zu nennen die Beiträge von Kurt Seelmann „Die gelehrte Strafrechtsliteratur in der Spanischen Spätscholastik. Skizze eines Forschungsprojektes“, von Frank Grunert „Punienda ergo sunt maleficia. Zur Kompetenz des öffentlichen Strafens in der Spanischen Spätscholastik“ sowie von Daniela Müller, „Ketzerei und Ketzerbestrafung im Werk des Alfonso de Castro“ gerade für das gelehrte Strafrecht der Spanischen Spätscholastik12. Seelmann vertieft die Zurechnungsübertragung, die Proportionalität von Straftat und Strafe, die Klageformen und den theologischen Hintergrund. Grunert arbeitet heraus, dass die Selbsthilfekonzeption der spanischen Theologen als ein prägnantes Zeugnis dafür gelten kann, dass die Spanische Spätscholastik ein in allen Punkten strikt durchgeführtes Monopol der Staatsgewalt noch nicht vor Augen hatte. Trotz deren Votums zugunsten einer Selbsthilfe wurde noch kein Monopol der öffentlichen Strafgewalt angestrebt, sondern vielmehr eine „zivilrechtliche“ Verwirklichung von Ansprüchen, die ohne die Mitwirkung der positiven Rechtsordnung durchgesetzt werden darf. Müller arbeitet heraus, dass de Castro (1495-1557) durch seine Lehre über verderbliche Bücher zur Verschärfung der Behandlung von in Spanien angeklagten Lutheranern führte, und dass ab 1558 der Bücherindex für ins Spanische übersetzte Bücher aus dem Ausland verschärft wurde. Die Drucker brauchten nun eine Lizenz des Rates von Kastilien.

Die ausgewählten und besprochenen Textpassagen sind natürlich nur eine Auswahl der in Frage kommenden Literatur. Sie bieten indessen reichlich Material dafür, Jhering heute zu sagen, dass es eine günstige Entwicklung in der Rechtsgeschichte des Mittelalters gab, nämlich die von einer privatisierten Fehde (im Französischen einschlägig mit „guerre privée“ bezeichnet) hin zu einer Kanalisierung, Öffentlichmachung, Kriminalisierung von Fehde13. Anzumerken bleibt, dass die Herausbildung und Professionalisierung der juristischen Berufe immer mehr zur Kriminalisierung und Rechtsverfolgung beigetragen haben14.


Recibido el 25 de mayo de 2018. Aceptado el 21 de junio de 2018


* Professor am Institut Supérieur de l'Économie, ISEC Université Luxembourg (thomas.gergen@isec.lu), Lehrstuhl für Internationales und vergleichendes Zivil- und Wirtschaftsrecht mit Immaterialgüterrecht, sowie Leiter des ISEC-Forschungsbereiches Geistiges Eigentum: Grundlagen und Anwendungen.

NOTAS

1
Culpa in contrahendo, in: Jahrbücher für die Dogmatik des heutigen römischen und. deutschen Rechts (Jhering-Jahrbuch), 4. Bd., 1861, 1.

2 Zum Beispiel hierzu Thomas Gergen, Gerichtsbarkeit in Napoleonischer Zeit. Neuordnung des Gerichtswesens, Trennung von Justiz und Verwaltung, Cinq Codes, Rheinische Institutionen, Appellationsgericht Trier, in: Recht.Gesetz.Freiheit. 200 Jahre Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken, Ausstellungskatalog, Veröffentlichungen der Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz Band 121, Mainz 2015, S. 26-35.

3 Braunschweig 1882, VI.

4 Wien 1872.

5 Thomas Gergen, Gottesfriede und Treuga Dei im Spiegel zeitgenössischer Rechtspraxis und Dichtung in Frankreich und Spanien, in: Universität des Saarlandes – Magazin Forschung 2 (2003), S. 15-22.

6 Hans-Werner Goetz, Die Gottesfriedensbewegung im Licht neuerer Forschungen, in: Arno Buschmann/Elmar Wadle (Hg.), Landfrieden, Anspruch und Wirklichkeit (Rechts- und Staatswissenschaftliche Veröffentlichungen der Görres-Gesellschaft 98), Paderborn, 2002, S. 31-54.

7 Vgl. zur Publikation des Textes: Cartulaire de la cathédrale de Dax, « Liber rubeus » ( XIe-XIIe siècles), texte édité, traduit et annoté par Georges Pon et Jean Cabanot, Dax (Comité d'études sur l'histoire et l'art de la Gascogne), 2004; L'Église et la société dans le diocèse de Dax aux XIe-XIIe siècles (Journées d'études sur le Livre rouge de la cathédrale de Dax (Dax, 1er mai 2003), Dax (Amis des églises anciennes des Landes, Comité d'études sur l'histoire et l'art de la Gascogne), 2004.

8 Manfred Tietz, Die frühen Werke der spanischen Literatur, in: Hans-Jörg Neuschäfer (Hg.), Spanische Literaturgeschichte, Stuttgart 1997, S. 24-29; Thomas Montgomery, The Cid and the Count of Barcelona, in: Hispanic Review 30 (1962), S. 1-11.

9 Übersetzung der Laisses 55 und 56 (v. 957-966) übernommen von Hans-Jörg Neuschäfer, El Cantar de Mío Cid (Klassische Texte des Romanischen Mittelalters), München 1964, S. 90-91; Pierre Guichard, Les musulmans de Valence et la Reconquête (XIe-XIIIe siècles), Damaskus 1990, S. 72-73.

10 Gener Gonzalvo i Bou, La Pau i Treva a Catalunya. Origen de les Corts Catalanes, Barcelona 1986, S. 105.

11 Thomas Gergen, Zur mittelalterlichen Gottes- und Landfriedensbewegung in Katalonien. Ein Forschungsbericht, in: Mitteilungen des Deutschen Katalanistenverbandes 40 (2001), S. 54-62.

12 Siehe Frank Grunert/Kurt Seelmann (Hg.), Die Ordnung der Praxis. Neue Studien zur Spanischen Scholastik (Frühe Neuzeit Bd. 68), Tübingen 2001.

13 Joachim Gernhuber, Die Landfriedensbewegung in Deutschland bis zum Mainzer Reichslandfrieden von 1235 (Bonner Rechtswissenschaftliche Abhandlungen 44), Bonn 1952; die Zitate S. 57 u. 137.- Gernhuber beschreibt eingehend den Stand der älteren Forschung. Zur neueren Forschung vgl. Elmar Wadle, Gottesfrieden und Landfrieden als Gegenstand der Forschung nach 1950, in: Karl Kroeschell/Albrecht Cordes (Hg.), Funktion und Form. Quellen- und Methodenprobleme der mittelalterlichen Rechtsgeschichte, (Schriften zur Europäischen Rechts- und Verfassungsgeschichte 18), Berlin 1996, S. 63-91; wieder abgedruckt in: Elmar Wadle, Landfrieden, Strafe, Recht. Zwölf Studien zum Mittelalter (Schriften zur Europäischen Rechts- u. Verfassungsgeschichte 37), Berlin 2001, S. 11-39; Thomas Gergen, Pratique juridique de la paix et trêve de Dieu à partir du concile de Charroux (989-1250), Frankfurt a.M./Berlin/Bern/Brüssel/ New York/Oxford/Wien 2004 (Rechtshistorische Reihe 285).

14 Zum Mittelalter: https://www.uni-saarland.de/forschung/memus/jura/gergen.html); Thomas Gergen, Paix de Dieu, protection des pèlerins et le pèlerinage punitif : des vraies sanctions ou même une protection des criminels ? In: Revista crítica de Derecho canónico pluriconfesional/Kritische Zeitschrift für überkonfessionelles Kirchenrecht, Gunzenhausen-Málaga, 2 (2015), S. 165-174 sowie insbesondere: Advokaten und Mediatioren in Frankreich im 11. - 15. Jahrhundert. In: Journal on European History of Law 2 (2012), S. 2-10.




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